Architektur genießen.

Wien ist in vielerlei Hinsicht Weltstadt. Musik – eh klar. Kulinarik – mit Schnitzi und Veltliner ist man vorn dabei. Kunst – es gibt Museen sonder Zahl. Und auch in Sachen Architektur ist Wien seit jeher Vorbild und immer wieder gern zitiert.
Um den Einwohner:innen, aber bewusst auch den Tourist:innen, die Reize der Bauwerke, die weniger im Fokus der architektonisch Interessierten sind, näher zu bringen, hat die Stadt Wien im Rahmen einer groß angelegten Initiative Bänke aufstellen lassen, die dazu einladen, sich ruhig mal Zeit zu nehmen und sich mit den verborgenen, architektonischen Perlen auseinander zu setzen.
Ich begrüße das und freue mich schon auf weitere großartige Ideen aus dem Rathaus.


Wiens widerborstige Wildenten

Auf der abendlichen Schönbrunnrunde. Ein Wildentenpärchen sitzt gemütlich mitten am Weg, alle Spaziergänger weichen freundlicherweise großräumig aus. Nun kommt ein Streifenwagen langsam des Weges. Wieder weichen alle aus. Nur die Enten nicht. Die schauen der Choreographie interessiert zu. Der Wagen hält. Dem Gefieder ist das aber reichlich egal. Die Polizisten schauen die Enten an, die wiederum den Einsatzwagen. Keiner rührt sich. Gegenseitiges Belauern. Nach einer gefühlten Ewigkeit folgt das Unausweichliche: Es kommt zur Amtshandlung.
Die Beifahrertür geht beherzt auf, ein hochmotivierter Gesetzeshüter schreitet zur Tat. Strammen Schrittes geht er auf die beiden Widerborste zu. Es folgen intensive, raumgreifende Flatterbewegungen begleitet von einem eindringlichen „Husch husch“-Gequake. Doch das alles zeigt keinerlei Wirkung.
Nein, die Tierchen sind nichteinmal unbeeindruckt von dem Gehampel. Sie wähnen die Darbietung wohl als misslungenen Flugversuch und quittieren es mit zurückhaltender Ignoranz. Lachen wäre unter ihrer Würde. „Wir sind ja keine Hühner nicht!“ denken sie insgeheim. Das Exekutivorgan ist immer noch motiviert bis in die Haarspitzen, es ist also gezwungen, zu härteren Maßnahmen zu greifen. Der Polizist geht gezwungenermaßen in den Infight.
Er bäumt sich auf und geht dann in die Knie. Kurz bevor die langen Arme des Gesetzes die Enten zu fassen kriegen, lässt sich das Pärchen dann doch noch dazu bewegen, den Weg für den Streifenwagen frei zu machen. Man will ja nicht so sein. Schnell huscht der Nachwuchs-Konrad-Lorenz ins rettende Vehikel und die Fahrt kann fortgesetzt werden.

L’amour- und Lavoir-Hatscher

Eines der schönsten Worte, die das Wienerische im Portfolio hat, ist „L’amour-Hatscher“. Es umschreibt wunderbar das eng umschlungene Tanzen zweier sich sehr zugeneigten Menschen, die zu langsamen Takten sehr nahe an sich rankommen, ohne dass es zum Äußersten kommt. Wenngleich dies in dem meisten Fällen – zumindest einseitig – sehr wohl Sinn und Zweck bzw. Ziel der ganzen Übung ist. Dem ganzen Treiben liegt eine gewisse Eleganz inne, natürlich in Abhängigkeit der Tanzkünste der Ausführenden, wobei hier durchaus eine gewisse Bandbreite zu beobachten ist.
In Sachen Eleganz muss man jedoch beim „Lavoir-Hatscher“ schon genauer hinschauen. Obwohl, lieber nicht. Hier handelt es sich um den eher hektischen, vielmals auch recht unkontrollierten Versuch, sich der rettenden Lavoir zu nähern, um sich dort des Mageninhaltes zu entledigen, welchen man mit erheblichen Mengen alkoholischer Getränke ein wenig aus den Angeln gehoben hat. Auch hier ist das innige Umarmen ein wichtiger Bestandteil des Geschehens.
Es soll auch schon vorgekommen sein, dass an einem Abend sogar beide Hatscher von ein und derselben Person zur Anwendung gekommen sind. Hier ist jedoch die eindeutige Tendenz festzustellen, dass ein erfolgloser L’amour- eher einem Lavoir-Hatscher vorausgeht als umgekehrt.
Mir ist leider keine Statisik bekannt, welche der beiden Hatscher generell öfter von Erfolg gekrönt ist. Was jedoch gesichert scheint, ist die Tatsache, dass sich in diesen und jenden Fällen am nächsten Tag ein großes Bereuen gezeigt hat. Manche lernen daraus. Andere wiederum sind spätestens eine Woche später wieder hatschend angetroffen worden, den einen oder anderen oder gar beide Hatscher ausführend.